Unter Mobbing versteht man absichtliche und gezielte Angriffe auf eine Person oder eine Gruppe mit dem Ziel der Ausgrenzung. Das Opfer wird regelmäßig über einen längeren Zeitraum seelisch misshandelt. Dabei ist die Angst vor dem nächsten Angriff genauso groß, wie die Angst vor dem Angriff selbst. Herabwürdigende Witze sind ein beliebtes Mittel, um beiläufig und scheinbar unabsichtlich einzelne Personen oder Gruppen zu verletzen und herabzuwürdigen.
Wo liegt also der Unterschied zwischen einem geschmacklosen Witz und einer bewussten Überschreitung einer Linie?
Ein schlechter Witz kann einmal passieren und dafür hat sich der Erzähler zu entschuldigen! Bewusste Überschreitungen des guten Geschmacks werden benützt, um versteckte Angriffe salonfähig zu machen. Die Täter*innen legen oft nochmal nach, indem sie ihren Opfern einreden, dass sie eine dickere Haut bräuchten und sehr empfindlich seien.
Die Grenze zwischen Humor und Mobbing ist etwas, was nicht mit Worten ausgedrückt werden kann. Es ist etwas, das man spürt. Unbeteiligte sind daher aufgerufen, sofort zu handeln und Angriffe sofort zu unterbinden. Jeder trägt Verantwortung!
Humor ist ein wichtiger Faktor im Miteinander, solange er positiv ist. Man kann sich ohne weiteres auch selbst einmal auf die Schaufel nehmen. Das hilft über schwierige Zeiten hinweg und kann stärkend wirken. Was nicht damit zu verwechseln ist, dass man den Clown für eine Gruppe macht, um einer Verurteilung zuvorzukommen. Das ist auf Dauer selbstschädigendes Verhalten und schwächt den Selbstwert.
In meiner Praxis habe ich die unterschiedlichsten Fälle von Mobbing. Eine schwache Führungskraft kann der Auslöser sein, dass das System ins Wanken gerät. Jemand aus dem Team übernimmt die heimliche Rolle des Chefs und schon beginnt es zu brodeln, Lager mit gegensätzlichen Ansichten formieren sich, Mobbing kann entstehen.
Gar nicht so selten kommt es auch vor, dass die Führungskraft von seinen Mitarbeiter*innen gemobbt wird. Das nennt man dann Staffing.
Vom Bossing spricht man, wenn eine Führungskraft einen oder mehrere Mitarbeitende quält.
Fakt ist, je größer das Unternehmen, desto unübersichtlicher die Strukturen und Abläufe in ihnen. Das ist der ideale Nährboden für Mobbing.
Ich erinnere mich noch gut an einen Fall, wo eine junge ausgebildete Kollegin in ein Unternehmen eingestellt wurde, um die Leitung einer Gruppe zu übernehmen. An ihrer Seite war eine im Unternehmen langjährige, aber weniger ausgebildete Kollegin, die noch dazu um 25 Jahre älter war als sie. Eine Überforderung für beide Seiten! In diesem Fall endete es mit Mobbing im großen Ausmaß für die junge Kollegin.
Die ältere Kollegin hat die junge Teamleiterin von Anfang an überall diskreditiert und verleumdet. Sie hat mit einigen Kolleg*innen Seilschaften gebildet und gegen die Teamleiterin gearbeitet, sowohl im Team selbst, nach Außen und bei den Vorgesetzten. Typische Beispiele dafür sind: Angedichtete Affairen, dienstliche Verfehlungen und Fehlverhalten…
Die junge Frau spürte diese Energie und wusste nicht, woher sie kommt. Daraus entstand bei ihr große Unsicherheit. Da die Teamleiterin keine Informationen über die Situation hatte, konnte sie niemanden mehr vertrauen; die Negativspirale setze sich in Gang. Es war ihr nicht möglich neue Ideen umzusetzen, weil sofort, wie aus dem Nichts, Blockaden im Team entstanden. Wie schleichendes Gift verteilte sich diese negative Energie und zerstörte die junge Teamleiterin nach und nach, bis sie in einen Langzeitkrankenstand gehen musste. Eine Rückkehr in dieses Unternehmen war ihr nicht mehr möglich.
Die ältere Mitarbeiterin hatte überdies eine enge Beziehung zur höchsten Führungskraft in der Firma. Die mittlere Führungskraft hätte eigentlich die Teamleiterin unterstützen sollen, sie blieb aber untätig, da sie vom Naheverhältnis wusste.
Wenn so ein Vorhaben gelingen soll, dann nur mit klaren Vereinbarungen und guter Kommunikation. Wachsamkeit und Begleitung durch die übergeordnete Führungskraft ist unerlässlich.
Wie zeigt sich Mobbing eigentlich?
So klar lässt sich das nicht immer definieren. Oft beginnt Mobbing mit Sticheleien, bösen Gerüchten, Lästereien oder vermeintlich harmlosen Witzen.
Üble Nachrede, die Verbreitung von Halbwahrheiten oder gar Gerüchten über eine Person ist schon klares Mobbing. Die Alarmglocken klingeln bereits, wenn Gespräche verstummen, sobald eine bestimmte Person den Raum betritt, oder wenn man Beleidigungen, Demütigungen, ständiger Kritik oder Spott ausgesetzt ist.
Was führt zu Mobbing?
Ungerechtigkeit, unklare Strukturen, falsche oder fehlende Arbeitsaufträge, ungerechte Arbeitsverteilung, Neid, schlechtes Arbeitsklima, mangelnde Arbeitsorganisation, Stress, Konkurrenz, Eifersucht, ungelöste Konflikte und Fehlverhalten von Vorgesetzten. Die Liste kann noch beliebig ergänzt werden.
Wer ist von Mobbing am meisten betroffen?
Frauen sind öfters von Mobbing betroffen, als Männer. Am meisten sind es junge Menschen, die Mobbing zum Opfer fallen.
Die Auswirkungen von Mobbing bestehen ein Leben lang. Und es kann dadurch auch Leben zerstört werden. Die Täter*innen sind sich der Tragweite nicht bewusst.
Was sind die Folgen von Mobbing?
Meistens kommen Menschen zu mir, weil es ihnen auf jeder Ebene schlecht geht. Im Zuge der Beratung taucht dann das Thema Mobbing auf. Mobbing schwächt den Betroffenen so sehr, dass er manchmal den Ursprung seines Leidens gar nicht mehr erkennen kann. Die Probleme ziehen sich auch in den Privatbereich und irgendwann geht nichts mehr. Der wirtschaftliche Schaden ist für beide Seiten groß. Für den Betroffenen kann es den Verlust des Jobs bedeuten, damit verbunden auch ein finanzieller Ruin. Für den Arbeitgeber entstehen enorme Kosten durch lange Krankenstände, Fernbleiben wegen häufigen Arztbesuchen, Unkonzentriertheit und daraus entstehende Fehler, Verlust von qualifizierten Arbeitskräften und „Dienst nach Vorschrift“ durch Mitarbeiter*innen. Letztendlich eine Kapitulation eines ganzen Unternehmens.
Was können Unternehmen tun?
Damit es nicht soweit kommt, rate ich jedem Unternehmen zu Achtsamkeit und guter Angebote im Betrieb. Anonyme Beratung über einen externen Anbieter, sowie regelmäßiger Austausch (nicht nur über berufliche Notwendigkeiten) an dem die Führungskraft auch teilnimmt. Kritik ernst nehmen und Lösungen suchen, weil Störungen immer Vorrang haben!
Was kannst du selbst tun?
Wenn du selbst betroffen bist, dann hole dir besser früher als später Hilfe durch dafür geeignete Stellen. Egal ob Gewerkschaft, Beratungseinrichtungen oder psychosoziale Berater*innen, es ist nie zu früh! Die meisten Betroffenen kommen zu spät und es bleibt nur mehr Schadensbegrenzung übrig. Rede mit deinen Freunden darüber und nimm die Vogelperspektive ein. Stelle die Mobber zur Rede. Eine Wanderung auf einen Berggipfel kann auch hilfreich sein. Mobbing aushalten und hoffen, dass es irgendwann vorüber geht, ist keine Lösung!
GIB NICHT AUF!
Gutes Gelingen! Eure Ulrike